Bei Rückenverletzungen handelt es sich um eine mechanische knöcherne oder zusätzlich die Bänder und Bandscheiben betreffende Schädigung der Wirbelsäule. Die Bandbreite erstreckt sich dabei von harmlosen Muskelverletzungen bis hin zu Frakturen der Wirbelkörper, bei denen sich unter Umständen Bruchstücke verschieben können und das Rückenmark oder Nervenwurzeln schädigen können.
Rund 90 Prozent der Wirbelsäulenerkrankungen sind degenerativer Natur, dass heißt sie werden durch Abnützung und Verschleiß ausgelöst. Nur selten sind die Verletzungen unfallbedingt. Etwa 15 bis 20 Prozent der Betroffenen weisen Schädigungen des Rückenmarks auf. Diese reichen von einer Stauchung (Kompression) bis hin zur kompletten Durchtrennung des Rückenmarks.
Grundsätzlich unterscheidet man zwei Gruppen der Rückenverletzungen: Solche mit und ohne Beteiligung des Rückenmarks. Besteht eine Schädigung der Wirbelsäule, so geht man grundsätzlich von einer Rückenverletzung mit Beteiligung des Rückenmarks aus. Anzeichen dafür sind vor allem Schmerzen, Bewegungs- und Gefühlsstörungen in Armen und Beinen. Wird bei der Rückenverletzung das Rückenmark durchtrennt, so führt dies zu einer Querschnittslähmung unterhalb der zerstörten Region. Eine Rückenmarksdurchtrennung kann im schlimmsten Fall zu einer lebenslangen Querschnittslähmung führen.
Rückenverletzungen werden in der Regel durch große Kraft- und Gewalteinwirkungen auf die Wirbelsäule verursacht. Hierzu gehören:
Weitere Risikofaktoren sind:
Je nach Ausmaß und Schwere der Verletzung können die auftretenden Beschwerden sehr unterschiedlich sein. Klassische Symptome von Rückenverletzungen sind:
Am häufigsten kommen Rückenverletzungen in Form von Verdrehungen (Distorsionen) der Wirbelsäule vor, ohne jegliche Beteiligung von Knochen oder Rückenmark. In der Regel verlaufen Rückenverletzungen ohne Verschiebung der Wirbelbruchstücke völlig symptomlos.
Dagegen treten die Symptome bei einem Schleudertrauma der Halswirbelsäule erst nach mehreren Stunden oder Tagen auf (beschwerdefreies Intervall). Die Betroffenen verspüren lediglich ein Druck-, Klopf- oder Stauchungsschmerz.
Rückenverletzungen sind nicht immer einfach zu diagnostizieren und erfordern meist verschiedene Untersuchungen. Ziel ist hierbei der Nachweis der Rückenverletzung und vor allem die Beurteilung hinsichtlich einer Instabilität, Fehlstellung und Beteiligung von Nerven und Rückenmark.
Besteht der Verdacht auf eine Rückenverletzung, so geht man immer zunächst von einer Beteiligung des Rückenmarks aus. Daher ist neben der körperlichen Untersuchung auch eine orientierende neurologische Untersuchung von großer Bedeutung, da sie eine Rückenmarksbeteiligung eingrenzt.
Im Anschluss werden bildgebende Verfahren durchgeführt. Zunächst erfolgt die Röntgenaufnahme der gesamten Wirbelsäule in zwei Ebenen sowie eine Computertomographie (CT) der vermeintlich betroffenen Region. Bei Bedarf können weitere Aufnahmen mittels Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt werden.
Differentialdiagnostisch sollte man vor allem an folgende Krankheitsbilder denken:
Bei Rückenverletzungen erfolgt der Abtransport in eine Klinik mit einem geeigneten Rettungsmittel, insbesondere mit einem Rettungshubschrauber. Besteht der Verdacht auf eine Verletzung der Halswirbelsäule, so darf der Patient erst nach Stabilisierung der Halsgegend, z.B. mit einer Halskrause, transportiert werden. Vorsicht ist vor allem dann geboten, wenn der Verletzte über Bewegungsunfähigkeit oder Empfindungsstörungen klagt. In diesen Fällen ist vermutlich das Rückenmark bereits geschädigt. Nur durch eine vorsichtige Versorgung kann hier eine komplette Durchtrennung des Rückenmarks verhindert werden. Der Verletzte darf auf keinen Fall sitzen oder aufstehen.
Je nach Art und Schwere der Verletzung kann die Behandlung sehr unterschiedlich aussehen. Bei leichteren Verletzungen oder bei Stauchung eines Wirbelkörpers sind keine operativen Maßnahmen notwendig. Hier genügt eine konservative Behandlung mit Ruhigstellung, Schonung und physikalische Maßnahmen mit Wärme- oder Kälteanwendungen. Auch stabile Brüche können konservativ behandelt werden. Sind hingegen ein oder mehrere Wirbel gebrochen und die Bruchkanten verschoben, so wird in der Regel eine stabilisierende Operation durchgeführt. Hier besteht sonst die Gefahr, dass sich die Bruchstücke in den Rückenmarkskanal verschieben und im schlimmsten Fall das Rückenmark komplett durchtrennen. Eine komplette Durchtrennung des Rückenmarks kann leider nicht behoben werden. Durch die Operation soll der Wirbel schnellstmöglich wieder fixiert werden, um eine Verschiebung von Bruchfragmenten zu verhindern. Die Stabilisierung der Wirbelkörper erfolgt mit Schrauben, Nägel, Drähte oder Metallplatten.
Ein operativer Eingriff ist auch dann erforderlich, wenn neurologische Störungen auftreten. Wird bei einem Unfall das Rückenmark nicht durchtrennt, so bildet sich durch die Verschiebung der Wirbelknochen sehr häufig ein deutliches Ödem innerhalb des Rückenmarkkanals. Aufgrund der knöchernen Anteile der Wirbelkörper kann dieser Kanal, dem immer stärker werdenden Druck nicht mehr nachgeben. In der Folge werden die Nervenbahnen gequetscht und nicht mehr ausreichend durchblutet. Nach kurzer Zeit werden dadurch keine Nervenimpulse mehr weitergeleitet, was zu Lähmungserscheinungen oder Sensibilitätsverlust führt. Während des Eingriffs wird ein eventuell vorhandenes Hämatom (Bluterguss) entfernt, der Wirbelkanal erweitert und dadurch die Durchblutungsstörung aufgehoben. Im Anschluss erfolgt die Behandlung der Schwellung mit entzündungshemmenden und abschwellenden Medikamenten. Bei einer kompletten Rückenmarksdurchtrennung kann der Schaden nicht behoben werden. Hier konzentriert sich die Therapie meist auf unterstützende Maßnahmen.
Im Anschluss an die konservative und operative Therapie schließt sich immer eine Rehabilitation an. Diese besteht in der Regel aus krankengymnastischen Übungen.
Die Prognose von Rückenverletzungen ist vor allem vom Ausmaß der geschädigten Strukturen abhängig. Da es sehr unterschiedliche Verletzungsmuster gibt, kann man keine einheitliche Aussage treffen. So ist beispielsweise nach einer Rückenverletzung ohne jegliche Beteiligung der knöchernen Strukturen und des Rückenmarks, eine vollständige Beschwerdefreiheit nach wenigen Tagen möglich. Dagegen kommt es nach einer kompletten Durchtrennung des Rückenmarks zu einer dauerhaften Querschnittslähmung.
Bei gesunden Menschen kommen Rückenverletzungen nur durch starke Gewalteinwirkung zustande. Allgemein empfiehlt sich ein adäquates, risikoarmes Verhalten im Straßenverkehr, beim Sport und bei der Arbeit. Zudem sollten Menschen mit begünstigenden Knochenerkrankungen, vor allem auf eine frühzeitige und ausreichende Therapie achten.
Letzte Aktualisierung am 10.05.2021.