Bei der Rotatorenmanschettenruptur handelt es sich um eine Verletzung im Bereich der Rotatoren. Die Rotatorenmanschette ist eine Muskelgruppe, die das Dach des Schultergelenkes bildet und sich aus vier Muskeln und deren Sehnen zusammensetzt. Diese ziehen vom Schulterblatt zum Tuberculum majus bzw. Tuberculum minus. Die Muskeln gehen im Bereich des Oberarmkopfes in eine Sehnenplatte über, welches wie eine Kapuze über den Oberarmkopf gespannt ist. Durch diese Muskeln wird vor allem der Oberarmkopf in der Gelenkpfanne des Schulterblatts gehalten und Drehungen nach innen und außen kontrolliert. Die Rotatorenmanschette besteht aus folgenden Muskeln:
Bei einer Rotatorenmanschettenruptur reißt der Sehnenmantel dieser Rotatoren. Am häufigsten ist die Supraspinatussehne betroffen, wegen ihrer anatomisch engen Lage unter dem Schulterdach. Eine Ruptur der Rotatorenmanschette kommt relativ häufig vor. Etwa ein Viertel der 50-Jährigen sowie die Hälfte aller 70-Jährigen sind davon betroffen. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Die Erkrankung betrifft zudem meistens den dominanten Arm, das heißt bei Rechtshändern den rechten.
Ursachen einer Rotatorenmanschettenruptur sind:
Die Symptome einer Ruptur der Rotatorenmanschette können je nach zugrunde liegender Ursache sehr unterschiedlich aussehen. Eine Rotatorenmanschettenruptur tritt am häufigsten verschleißbedingt auf, dass heißt also das im Laufe der Jahre die Sehnenplatte durch Belastungen und Abrieb ausgedünnt wird und die natürliche Sehnenqualität und Stabilität bzw. Rissfestigkeit sinkt. Oft bereiten diese Rupturen nur geringe Beschwerden. Diese Defekte werden deshalb in den meisten Fällen auch erst gar nicht erkannt.
Ist die Ruptur jedoch auf eine Verletzung zurückzuführen, so können deutlich stärkere Beschwerden auftreten. Oft empfindet der Patient in solchen Fällen zunächst eine Kraftlosigkeit des Armes bei bestimmten Bewegungen. Zudem kommt es zu Schmerzen, die hauptsächlich bei Drehbewegungen, Abspreizung und Belastung des Armes auftreten. Aufgrund der Schmerzen können die Patienten häufig nicht auf der betroffenen Schulter schlafen. Die Schmerzen können sogar über den Oberarm hinweg bis in die Hand hinein ausstrahlen. Meistens konzentriert sich der Schmerz jedoch auf die Schulter und den seitlichen Oberarm.
Des Weiteren können schwere Gegenstände nicht mehr gehoben werden und Tätigkeiten, bei denen die Arme über die Schulterhöhe hinaus gehoben werden müssen, oft nur eingeschränkt oder gar nicht mehr ausgeführt werden. Im schlimmsten Fall kann es sogar passieren, dass der Arm gar nicht mehr angehoben werden kann. Aufgrund der starken Schmerzen nimmt der Patient eine Schonhaltung ein. In beiden Fällen sind Druckschmerzen im Ansatzbereich der Supraspinatussehne typisch. Zeitgleich findet man häufig ein Impingement-Syndrom.
Die Diagnose einer Rotatorenmanschettenruptur kann durch unterschiedliche Untersuchungsmöglichkeiten gestellt werden. Nach einer genauen Befragung (Anamneseerhebung) des Patienten erfolgt die körperliche Untersuchung. In der Regel beginnt der Arzt mit einer funktionellen Schultergelenksuntersuchung. Zunächst erfolgt die Überprüfung des Bewegungsausmaßes, welches vor allem bei einer akuten Ruptur der Rotatorenmanschette deutlich eingeschränkt ist. Des Weiteren erfolgt die Überprüfung der Kraftentwicklung der Rotatorenmanschette durch Seithebung des Armes (Abduktion) gegen Widerstand (spiegelt die Funktionsfähigkeit des Musculus supraspinatus wider), durch Außendrehung gegen Widerstand bei hängendem Arm und gebeugtem Ellenbogen (spiegelt die Funktionsfähigkeit des Musculus teres minor und Musculus infraspinatus wider) sowie durch Innendrehung des Armes gegen Widerstand (überprüft die Funktionsfähigkeit des Musculus subscapularis).
Zudem fallen häufig Schmerzen auf, wenn der Arzt mit seinen Fingern auf bestimmte Stellen im Schulterbereich drückt. Häufig kann man noch beim Bewegen des Armes ein Knacken im Bereich der Schulter tasten. Oft findet man außerdem beim seitlichen und vorderen Abspreizen des Armes einen Kraftverlust im Vergleich zur Gegenseite. Der Arm lässt sich meist nur mit großer Mühe im Waagerechten halten. Darüber hinaus gibt es weitere Untersuchungsmöglichkeiten, die im Rahmen der klinischen Untersuchung durchgeführt werden sollte. In der Regel umfasst diese Untersuchung das Abgrenzen zweier Krankheitsbilder, dem Impingement-Syndrom und die Ruptur der Rotatorenmanschette. Diese sind:
Neben der funktionellen Schultergelenksuntersuchung gibt es auch bildgebende Verfahren zur Diagnosestellung. Zur Verfügung stehen:
Durch eine Röntgenaufnahme kann eine Ruptur der Rotatorenmanschette nicht direkt nachgewiesen werden. Der Grund dafür ist, dass Sehnen und Muskeln zu den Weichteilgeweben des Körpers gehören und diese für Röntgenstrahlen strahlendurchlässig sind. Das bedeutet also, dass diese Strukturen nicht abgebildet werden können. Auf dem Röntgenbild kann man lediglich bei einer ausgeprägten Rotatorenmanschettenruptur, eine veränderte Stellung der Knochen zueinander erkennen. Das Fehlen der Rotatorenmanschette bewirkt nämlich ein Aufsteigen des Oberarmkopfes unter das Schulterdach. Dieses Phänomen ist ein indirekter Hinweis für das Vorliegen einer schweren Rotatorenmanschettenruptur. Kleinere Risse können dieses Phänomen nicht verursachen. Durch eine Röntgenaufnahme können zudem Begleiterkrankungen aufgedeckt werden, die wichtige Hinweise auf die Ursache der Rotatorenmanschettenruptur geben können, wie z.B. eine Arthrose des Schultergelenkes.
Die Diagnose eine Ruptur kann durch eine Ultraschalluntersuchung der Schulter mit Darstellung der Sehnen der einzelnen Muskeln gesichert werden. Ein wesentlicher Vorteil der Sonographie ist die leichte Anwendbarkeit und die Möglichkeit der dynamischen Schulteruntersuchung, da der Arm während der Untersuchung bewegt werden kann. So können auch kleine Löcher in der Rotatorenmanschette von einem geübten Untersucher entdeckt werden.
Die Kernspinuntersuchung kommt insbesondere bei Verdacht auf einen Rotatorenmanschettenriss zum Einsatz. Hierdurch lassen sich Risse in der Rotatorenmanschette sicher erkennen. Des weiteren kann die Sehnenqualität und Retraktion (Zurückziehen der Sehne nach dem Riss) gut eingeschätzt werden. Auch gut zu erkennen sind degenereative Veränderungen der betroffenen Muskeln, welches bedeutet, dass Muskelgewebe teilweise durch Fettgewebe ersetzt wird (so genannte fettige Degeneration).
Auch durch eine Schultergelenksspiegelung kann die Verdachtsdiagnose gesichert werden. Hier wird auch der Ausmaß der Ruptur beurteilt und gegebenenfalls direkt eine Therapie begonnen, z.B. Naht der gerissenen Sehne.
Differentialdiagnostisch sollte man vor allem an das Impingement-Syndrom denken und diese ausschließen.
Die Behandlung ist abhängig von der Rissgröße und -form sowie vom Anspruch des Patienten. Die Ruptur kann sowohl durch konservative als auch durch operative Maßnahmen therapiert werden. Eine konservative Therapie wird vor allem bei einer inkompletten Ruptur der Supraspinatussehne durchgeführt. Liegt dagegen eine komplette Ruptur vor, so wird individuell entschieden.
Patienten, die älter als 65 Jahre sind und darüber hinaus tolerable Schmerzen aufweisen, können durchaus auch konservativ therapiert werden. Wird jedoch keine ausreichende Stabilisierung erreicht oder liegt ein größerer, schmerzhafter Riss vor, so ist ein operativer Eingriff empfehlenswert. Eine Sonderstellung haben auch frische, unfallbedingte Risse bei jüngeren Patienten. Diese sollten frühzeitig genäht werden, um ein Zurückziehen der Muskeln zu vermeiden und die Funktion der Schulter zu erhalten.
Konservative Therapiemaßnahmen können folgendermaßen aussehen:
Die konservative Therapie ermöglicht natürlich kein „Zusammenheilen" gerissener Sehnenanteile. Dies ist auch gar nicht mehr möglich, da sich die gerissenen Sehnenanteile zusammen gezogen haben. Trotzdem kann man mit Hilfe der konservativen Maßnahmen die Schulterfunktion in soweit wieder herstellen, dass der normale „Alltagsgebrauch" damit gewährleistet werden kann. Ist ein solches Ergebnis auch nach drei Monaten nicht erkennbar, so sollten Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt über operative Maßnahmen sprechen.
Indikationskriterien auf eine operative Therapie bei einer Ruptur der Rotatorenmanschette:
Die Wahl des operativen Eingriffes hängt vom Ort, der Form und Größe der Schädigung ab. Der Arzt entscheidet abhängig von der Größe des Risses, ob arthroskopisch oder offen operiert werden kann. Je kleiner der Riss ist, desto besser ist die Versorgung mit Hilfe einer Arthroskopie des Schultergelenkes. Dagegen können größere Risse arthroskopisch nur gesäubert werden und die Schmerzen im Rahmen einer endoskopisch subakromialen Dekompression (ESD) gelindert werden. Dabei stehen unterschiedliche Verfahren wie z.B. die Akromionplastik nach Neer oder die Exzision des Sehnenbezirks zur Verfügung.
Möglich ist auch die Naht der Supraspinatussehne, meist eine so genannte transossäre Naht. Darunter versteht man eine Naht, die durch den Knochen an jenem Ort genäht werden soll, an dem sie ursprünglich abriss. Die Verankerung der Sehnen kann durch unterschiedliche Methoden erfolgen. Zur Verfügung stehen Schraubanker, die entweder aus Titan oder aus bioresorbierbarem (selbst auflösendem) Material gefertigt wurden oder transossäre Nähte, bei dem der Faden durch den Knochen gezogen wird und die in spezieller Naht- und Knotentechnik vernäht werden.
Nach einer Operation ist eine intensive Krankengymnastik dringend erforderlich, um die Muskulatur zu stärken und die Beweglichkeit zu verbessern. Nur auf diese Weise kann die Operation langfristig Erfolg haben.
In vielen Fällen lassen sich die Beschwerden mit Hilfe einer Operation bessern. Leider bleiben nicht selten leichte Bewegungseinschränkungen, Kraftminderung oder minimale Restschmerzen zurück. Dies ist oft der Fall, je länger eine notwendige Operation hinausgezögert wurde. Zudem können Überkopfsportarten meist nicht mehr uneingeschränkt durchgeführt werden. Das Gelenk hält jedoch Alltagsbelastungen stand.
Wichtig sind vor allem die krankengymnastischen Übungen, da sie die Muskulatur stärken und die Beweglichkeit fördern. Diese Übungen sollten daher regelmäßig, vor allem nach Entlassung aus dem Krankenhaus, zu Hause durchgeführt werden.
Letzte Aktualisierung am 10.05.2021.