Eine Hüftkopfnekrose entsteht durch eine Mangeldurchblutung des Hüftkopfes, in der Medizin auch als Ischämie bezeichnet. Anatomisch gesehen ist die Durchblutung des Hüftkopfes generell als kritisch einzuschätzen. Die Blutversorgung erfolgt vom Schenkelhals aus über eine individuell angelegte Arterie. Daher wird eine Minderanlage der arteriellen Versorgung des Hüftkopfes als ursächlich und entscheidend für den Krankheitsverlauf gesehen.
Aufgrund der Durchblutungsstörung kommt es zu einer Mangelversorgung des Hüftknochens mit Sauerstoff sowie Nähr- und Mineralstoffen. Die Knochenzellen können aufgrund der schlechten Versorgung ihrer eigentlichen Aufgabe nicht mehr nachgehen. Sie sind normalerweise für einen ständigen Knochenaufbau und -abbau zuständig, damit sich der Knochen an ständig wechselnde Belastungen anpassen kann. Das abgestorbene Hüftknochengewebe kann natürlich diese Prozesse nicht mehr aufrecht erhalten. Dadurch werden die Knochenbälkchen im Inneren des Knochens, die für die Stabilität und die Formgebung des Hüftkopfes zuständig sind, nicht mehr erneuert.
Mangels ausreichender Festigkeit brechen die von der Hüftkopfnekrose betroffenen Knochenanteile ein. Dadurch entsteht im Knochen unter dem Hüftknorpel ein Loch. Der darüber liegende Hüftgelenkknorpel kann deshalb nur noch schwer geschädigt werden. In der Folge droht die Hüftarthrose. Der Knochen bricht zudem an der dünnsten Stelle ein. Das große Problem der Hüftkopfnekrose ist, dass das Krankheitsgeschehen sehr nah am Gelenk stattfindet und es dadurch zu einer Schädigung des Hüftgelenks kommt. Man unterscheidet zwei Formen der Hüftkopfnekrose:
Bekannte und häufige Ursachen der Hüftkopfnekrose beim Erwachsenen:
Die Hüftkopfnekrose ist ein über Jahre gehender Prozess, der oft erst spät erkannt wird. Risikofaktoren für eine Hüftkopfnekrose:
Die Hüftkopfnekrose bleibt meist lange Zeit unerkannt, da die Beschwerden unspezifisch sind.
Klinische Anzeichen einer Hüftkopfnekrose sind:
Die Beschwerdesymptomatik kann sich aufgrund von Belastung und Reizzustand des Gelenkes häufig wechseln. Die massiven Hüft- oder Leistenschmerzen treten oft erst beim Zusammenbrechen des abgestorbenen Hüftkopfes ein. Es kommt daher oft zu einer verspäteten Diagnose und Behandlung der Hüftkopfnekrose.
Zunächst erfolgt die Erhebung der Krankengeschichte, bei der insbesondere auf frühere Hüftgelenkserkrankungen oder -operationen, aber auch Unfälle, Schmerzen im Bereich anderer Gelenke oder Stoffwechselerkrankungen eingegangen wird. Hierbei werden vor allem folgende Fragen erarbeitet:
Im Anschluss erfolgt eine klinische Untersuchung. Der Arzt untersucht das betroffene Bein, um die Erkrankung einzugrenzen. Typische Symptome wie Hinken oder Bewegungseinschränkungen lenken den Verdacht auf die Hüfte.
In der Orthopädie stehen verschiedene apparative bildgebende Diagnoseverfahren zur Verfügung. Eine mögliche Diagnosemethoden ist die Röntgenuntersuchung. Meist wird ein Röntgen in zwei Ebenen durchgeführt. Im Anfangsstadium sind typische Veränderungen nur sehr schwer zu erkennen. Daher ist dieses Verfahren für die Diagnose einer sehr frühen Hüftkopfnekrose nicht gut geeignet. Erst Wochen nach dem eigentlichen Infarktereignis werden die Knochenbälkchen abgebaut. Anfangs ist daher lediglich eine Verlaufsbeobachtung angezeigt. Im Röntgenbild werden nur Veränderungen der Knochenstruktur sichtbar gemacht.
Die Entwicklung einer Hüftkopfnekrose wird in einzelne Stadien unterteilt, die auf Röntgenbildern klar zu unterscheiden sind. Auf der Röntgenaufnahme des Hüftkopfs eines Erwachsenen sind im Stadium I noch keine Veränderungen zu erkennen. Hier reicht eine konservative Therapie meist aus. Im Stadium II sind Strukturveränderungen des Knochens erkennbar und im Stadium III liegt ein Einbruch der Gelenkfläche vor. Hier ist meist eine Operation erforderlich, damit sich das Gelenk unter Umständen noch erhalten lässt. Im Stadium IV besteht eine ausgeprägte Arthrose mit weitgehender Zerstörung des Gelenkes, welches nur noch durch einen vollständigen Gelenkersatz (TEP) zu behandeln ist.
Die Magnetresonanztomographie (MRT) bringt vor allem bei unklaren oder fraglichen Befunden Sicherheit bei der Diagnose. Durch das MRT kann die Hüftkopfnekrose bereits im Frühstadium diagnostiziert werden. Auch Computertomographische Untersuchungen stellen Knochenveränderungen dar, sind aber erst im späteren Stadium der Hüftkopfnekrose hilfreich.
Die Hüftkopfnekrose kann in verschiedene Stadien eingeteilt werden. Dies erfolgt in der Regel durch die ARCO Klassifikation.
Differentialdiagnostisch sollte man an folgende Erkrankungen denken und diese unter Umständen auch ausschließen:
Ziel bei der Behandlung der Hüftkopfnekrose ist das Begrenzen der ischämischen Nekrose, die Verzögerung der Hüftkopfzerstörung, die Linderung von Schmerzen, eine Verbesserung der Beweglichkeit, der Gehleistungen und somit auch der Lebensqualität. Die Therapie ist abhängig vom Stadium der Erkrankung, der Ausdehnung und der Lokalisation der Hüftkopfnekrose, dem Alter des Patienten sowie den bestehenden Beschwerden. Bei leichteren Fällen sind Gehstützen, Schmerzmittel und physikalische Therapiemaßnahmen bereits ausreichend. Sie führen zu einer deutlichen Besserung. Im fortgeschrittenen Stadium sind jedoch gelenkerhaltende Operationen erforderlich, um die Durchblutung des Hüftkopfes zu verbessern. Bei schweren Fällen ist die einzige Behandlungsmöglichkeit nur noch eine künstliche Hüfte.
Im Erwachsenenalter heilt eine Hüftkopfnekrose nie vollständig aus. In der Regel kann man bei einer Hüftkopfnekrose nicht ursächlich therapieren. Man kann bestenfalls im Frühstadium die krankheitsbedingten Ausmaße begrenzen oder den Nekroseprozess verlangsamen, unter Umständen auch ganz aufhalten. Je weniger die Knochennekrose fortgeschritten ist, umso besser stehen die Chancen auf Linderung der Beschwerden und sogar auf völlige Heilung.
Die Behandlung erschöpft sich in symptomatischen Maßnahmen und begrenzt sich vor allem auf Fälle, die als nicht operabel bezeichnet werden müssen (= weit fortgeschrittene Hüftkopfnekrose). Die Patienten werden hinsichtlich der Erkrankung beraten und aufgeklärt. Negative Verstärker wie Kortisonteherapien und Alkoholabusus beeinflussen die Erkrankung negativ und sollten daher ausgeschaltet werden.
Die medikamentöse Therapie dient vor allem der Schmerzreduktion. Hier stehen vor allem unterschiedlich peripher wirkende Analgetika oder Antiphlogistika zur Verfügung. Versuchsweise können auch durchblutungsfördernde Mittel wir z.B. ASS gegeben werden.
Die physikalische Therapie dient dem Erhalt von Muskel und Gelenkfunktionen. Hierbei können folgende Verfahren eingesetzt werden:
Hierzu gehören vor allem Stock bzw. Unterarmgehstützen (so genannte Pufferabsätze) und Enlastungsorthesen (orthopädische Stützhilfen um den Hüftkopf zu entlasten).
Operative Therapien sind vor allem vom Krankheitsstadium, also von der Ausdehnung der Nekrose, abhängig. In der Regel unterscheidet man zwischen gelenkerhaltende Operationen (medulläre Dekompression, eventuell mit Spanplastik oder Intertrochantäre Osteotomie) und Gelenkersatz (Endoprothese).
Bei der Therapie muss der behandelnde Arzt individuelle Begebenheiten mit einbeziehen, um eine bestmögliche Behandlung erzielen zu können. Möglichkeiten der Behandlung:
In diesen Stadien hat man noch die Möglichkeit, den Nekroseherd anzubohren, um zunächst eine Einblutung und später das Ausbilden neuer Blutgefäße zu erreichen. Ziel ist hierbei die Neuversorgung nekrotischer Hüftgelenksbereiche mit Blut. Nach dem Eingriff muss man mit einer etwa sechswöchigen Entlastung rechnen, der eine ebenso lange Teilbelastung nachfolgen sollte. Nach etwa 10 bis 12 Wochen kann eine Vollbelastung erfolgen, wobei auch hier individuelle Unterschiede eintreten können.
In diesen Stadien wird in der Regel eine intertrochantäre Umstellungsosteotomie durchgeführt. Ziel ist hierbei, den Nekroseherd aus der Belastung heraus zu drehen. Nach dem Eingriff sollte eine Entlastung für vier bis fünf Monate erfolgen.
In diesem Stadium hilft nur noch eine Totalendoprothese des Hüftgelenkes. Die Totalendoprothese ist eine der letzten Maßnahmen. Die Erkrankung wird in der Regel recht früh erkannt und kann durch andere Methoden behandelt werden. Zudem können künstliche Gelenke nicht unbegrenzt ausgetauscht werden, so dass man daher zunächst über weitere Behandlungsverfahren nachdenken sollte.
Die Krankheit kann individuell sehr unterschiedlich verlaufen, so dass sich eine wissenschaftlich begründete Prognose in Bezug auf den Krankheitsverlauf nicht stellen lässt. Wichtig zu erwähnen ist, dass die Krankheit zwischenzeitlich auch komplett zum Stillstand kommen oder wieder fortschreiten kann. Im Kindes- und Jugendalter ist eine viel stärkere Umbaureaktion zu erwarten. Somit ist auch die Selbstheilungspotenz deutlich höher, da der Knochen einen stärkeren Reparaturmechanismus hat. Diese Möglichkeiten sind jedoch bei einer Hüftkopfnekrose im Erwachsenenalter deutlich eingeschränkt. Hier ist eine selbstständige Reparatur der Knochennekrose durch eine konservative Behandlung unwahrscheinlich. Die Erkrankung endet häufig in einer Hüftgelenksarthrose.
Nach jedem chirurgischen Eingriff sind Röntgenkontrollen erforderlich, um beispielsweise die Osteotomie (=Umstellung) oder den Einbau des endoprothetischen Hüftgelenkersatzes beurteilen zu können. Weitere Maßnahmen sind:
Letzte Aktualisierung am 10.05.2021.